1:2 gegen den Tabellensiebten: Auf dem Papier klingt die gestrige Niederlage zwar ärgerlich, aber auch nicht dramatisch. Das Zustandekommen sollte den Verantwortlichen allerdings große Sorgen bereiten. Der neue Trainer wird viel Arbeit und wenig Zeit haben.

Noch immer ist nicht klar, wer demnächst in Kadıköy an der Seitenlinie steht. Es ist allerdings nicht davon auszugehen, dass sich eine schnelle Besserung einstellen wird. Die gestrige Niederlage ist ein Spiegelbild der bisherigen Saison und zeigt einmal mehr, wie verzwickt die Lage eigentlich ist. Da ist zum einen natürlich die Taktik. Gefühlt die erste Amtshandlung nach Vítor Pereiras Aus war die Abkehr von der ungeliebten Dreierkette. Grundsätzlich keine schlechte Idee, sofern Filip Novák und Nazım Sangaré fit und in Form sind. Neben den beiden Spielern bietet der Kader keinen weiteren gelernten Außenverteidiger. Er wurde komplett nach Pereiras Vorstellungen gestaltet und das zeigt sich jetzt. Gegen Adana musste Sangaré passen und Chaos brach aus.

Sein Vertreter Bright Osayi-Samuel mag ein hervorragender Offensivspieler sein, ein Rechtsverteidiger ist er nicht. Es war beinahe furchterregend, wie verwaist die rechte Seite häufig war. Osayi-Samuel stand entweder zu hoch, zu tief oder zu weit in der Mitte und es dürfte Adanas Coach Montella maßlos geärgert haben, wie wenig Kapital sein Team aus den Freiräumen schlug. Seinem Gegenüber muss man zumindest ankreiden, dass er spätestens zur Pause nicht die richtigen Schlüsse zog. Mit Tisserand hätte Göle wenigstens für defensive Stabilität gesorgt. Stattdessen flog nach wenigen Sekunden die nächste punktgenaue Flanke in den Strafraum und Belhanda erzielte den Siegtreffer.

Der neue Trainer wird drei Optionen haben: entweder packt er Sangaré in Watte, schult einen Spieler zum Rechtsverteidiger um oder setzt ebenfalls auf die Dreierkette. Theoretisch könnte man natürlich einen neuen Spieler verpflichten, aber das wäre erstens teuer, zweitens vermutlich nicht mit dem neuen Trainer abgesprochen und würde drittens Eingewöhnungszeit erfordern. Letzteres bringt einen direkt zum zweiten großen Problem.

Ein Spiel wie ein Saisonauftakt

Fenerbahçe war nicht unbedingt schlecht gegen Adana. Die Mannschaft spielte allerdings, als müsse sie sich zuerst aneinander gewöhnen. Der Auftakt zur Rückrunde wirkte wie das erste Spiel einer neuen Saison. Abspielfehler, schlechte Laufwege und mangelhafte Kommunikation sorgten für verpasste Chancen und hängende Köpfe. Auch nach 20 Spieltagen hat Fenerbahçe keine eingespielte Mannschaft. Kein Wunder, da eigentlich zu jedem Spiel wieder munter durchgewürfelt wird. Natürlich fallen einige Spieler auch verletzungsbedingt aus, trotzdem fehlen jegliche Automatismen, da nach wie vor eine Stammelf gesucht wird. Es ist schleierhaft, wie ein neuer Trainer das in kürzester Zeit ändern soll. Zumal es ein drittes Problem gibt, das eng mit dem vorherigen zusammenhängt.

Neben der offensiven Ideenlosigkeit kommt nämlich erschwerend hinzu, dass sich einige designierte Leistungsträger in einem tiefen Loch befinden und die Mannschaft permanent hadert. Ständig gehen die Köpfe runter, wird lamentiert und halbherzig aus der Distanz draufgehalten. Diese Mentalität wird der neue Verantwortliche dringend ändern und im Zweifelsfall harte Entscheidungen treffen müssen. Der Einsatz stimmt längst nicht bei jedem Spieler und der Kader ist groß und hochklassig genug, um vor allem in der Offensive anderen Kräfte die Chance zu geben.

Ein Kurswechsel käme einem Wunder gleich

Die Probleme, die Fenerbahçe aktuell hat, brauchen eigentlich Zeit, tiefergehende Analysen und personelle Konsequenzen, gerade auch im Hinblick auf den Transfermarkt. Nichts davon ist nach Beginn der Rückrunde wirklich realistisch. Es droht eine weitere enttäuschende Saison, sofern dem neuen Trainer nicht das Wunder gelingt, diesen gleichzeitig gut besetzten und völlig unausgewogenen Kader bei laufender Rückrunde wieder in die Spur zu bekommen.