Die Mittelfeldzentrale ist das Herzstück jedes Teams. Hier werden Takt und Tempo bestimmt, Angriffe initiiert und die Defensive organisiert. Nominell verfügt Fenerbahçe dort vielleicht sogar über das größte Potential aller Süper Lig Teams. Die Realität auf dem Spielfeld sieht allerdings anders aus, denn auch nach 30 Spieltagen hat Erol Bulut die beste Besetzung noch nicht gefunden.

Die Schuld hier einzig beim Trainer zu suchen, würde allerdings zu kurz greifen. Verletzungen und Leistungslöcher zwangen ihn immer wieder zum Umdenken und sorgten dafür, dass selbst gut harmonierende Duos oder Trios auseinander gerissen werden mussten. Bestes Beispiel ist hier die Kombination Gustavo-Tufan. Über weite Teile der Saison waren der Brasilianer und der Türke das Nonplusultra der Süper Lig. Gustavo gab den Taktgeber und packte im Zweifelsfall auch mal eine gut getimte Grätsche aus und Tufan rannte unermüdlich alle Lücken zu und schaffte zwischendurch Überzahl in der Offensive. Dann kam das Auswärtsspiel gegen Hatayspor, das als Premiere für Mesut Özil und Generalprobe für das Derby gegen Galatasaray gedacht war. Gustavo verletzte sich und fiel in den folgenden Wochen aus. Ohne seinen Partner wurde auch Tufan immer schwächer und kommt zuletzt nur noch auf Kurzeinsätze oder bleibt sogar ganz auf der Bank. Obwohl Gustavo zurück ist, setzt Bulut nun auf José Ernesto Sosa als Nebenmann. Dafür gibt es durchaus gute Gründe. Der Argentinier scheint endlich auf dem aufsteigenden Ast zu sein und denkt ähnlich taktisch wie sein brasilianischer Nebenmann. Wenn es gegen vermeintlich schwächere Gegner allerdings darum geht, Lösungen und Löcher zu finden, blieb auch der 35-Jährige zuletzt oft ratlos.

Viele Kandidaten, viele Fragezeichen

Doch zur Zentrale gehört in Buluts System ein weiterer Spieler und auch hier gibt es mehr Fragen als Antworten. In der Regel setzt der Trainer auf ein klares 4-2-3-1-System, das er höchstens während des Spiels modifiziert – gegen Gençlerbirliği mit sehr mäßigem Erfolg. Für die Zehner-Position war natürlich Özil vorgesehen, der nun aber vorerst zusehen muss. Alternativen gibt es einige, wirklich aufdrängen konnte sich allerdings kein Spieler. Zuletzt erhielt Mert Hakan Yandaş das Vertrauen, ist in seinen Leistungen aber ähnlich schwankend wie Ozan Tufan, der die Position zu Saisonbeginn bekleidete und als erster Pressingspieler punktete. Der formstärkste potentielle Spielmacher ist Dimitrios Pelkas, doch der Grieche konnte bisher eher auf dem Flügel überzeugen und würde dort ein Loch reißen. Bliebe İrfan Can Kahveci. Der zweite Stareinkauf hat seinen Platz in der Startelf noch nicht gefunden und das war bei näherer Betrachtung auch so zu erwarten. Die beste Position des Achters gibt es in Buluts System streng genommen nicht, so dass ein Einsatz des Nationalspielers immer in irgendeiner Form ein Kompromiss ist. Natürlich hat Kahveci das Potential und die Klasse, um auch auf der Doppelsechs oder der Zehn Impulse zu geben, insgesamt funktioniert er in einem 4-3-3 allerdings deutlich besser.

Gerade im Derby gegen Beşiktaş, das mit dem wohl aktuell besten Mittelfeld der Liga aufwarten kann, wird es mehr denn je darauf ankommen, dass Bulut die richtige Besetzung findet. Die Frage wird wohl lauten, wer sich vor oder neben Gustavo und Sosa um Josef kümmert und gleichzeitig das eigene Angriffsspiel ankurbelt. Ein klarer Favorit ist allerdings nicht auszumachen.