Der Ärger und das Unverständnis war den Spielern aus Kadıköy nach dem Schlusspfiff deutlich anzusehen. Die Niederlage gegen Kayserispor war ebenso überraschend wie unnötig. Völlig unverdient war sie am Ende allerdings nicht. Eine Analyse von LIGABlatt-Redakteur Benjamin Bruns.

Natürlich sprachen absolut alle Werte klar für den haushohen Favoriten: 64 Prozent Ballbesitz, 15 zu sechs Torschüsse, acht zu drei Ecken. Lediglich in einer Kategorie war der Tabellenletzte am Ende besser: 1:0 Tore. Kapitän und Routinier Umut Bulut konnte nach 58 Minuten eine Unachtsamkeit in der gelb-marineblauen Hintermannschaft ausnutzen und versenkte den einzigen Schuss, der tatsächlich auf das Tor von Altay Bayındır kam. Fenerbahçe dagegen vergab in der zweiten Halbzeit zwischenzeitlich Großchancen gefühlt im Minutentakt. In diesem Punkt kann man von Pech oder weniger wohlwollend von Unvermögen sprechen, die zahlreichen Chancen lenken aber auch von einem größeren Problem ab, das in diesem Spiel zum Tragen kam. Gerade auch im Vergleich zum weitestgehend überzeugenden 5:1 gegen Konyaspor fehlte es deutlich an Kreativität aus dem Mittelfeld. Während Emre Belözoğlu, Ozan Tufan und Luiz Gustavo gegen Konya vor allem mit Hilfe der beiden Außen Garry Rodrigues und Victor Moses das Fehlen des verletzten Max Kruse auffangen konnten, fiel die Abwesenheit des besten Vorlagengebers am Sonntag deutlich schwerer ins Gewicht.

Ungewohnt schwaches Mittelfeld

Vor allem Emre haderte oft mit seinen Mitspielern, traf allerdings auch für seine Verhältnisse häufig die falsche Entscheidung oder spielte Bälle ungenau. Nun sei einem 39-Jährigen eine vergleichsweise schwache Partie (noch dazu gegen eine sehr defensive und aggressive Mannschaft) ausdrücklich verziehen. Das Problem war, dass keiner seiner Teamkollegen hier in die Bresche sprang oder springen konnte. Das Spiel ist auf Emre ausgelegt und sobald dieser schwächelt, schwächelt die gesamte Mannschaft. Auffälligster Mittelfeldspieler war daher gegen Kayseri Ozan Tufan. Diesem kann man zwar nie den Einsatzwillen absprechen, ein Taktiker wie sein Kapitän und Nebenmann ist er allerdings nicht. Daher verpufften die Offensivbemühungen des türkischen Nationalspielers, vor allem auch, da er gefühlt zu oft einfach mit dem Kopf durch die sprichwörtliche Wand will. Dazu erwischte Luiz Gustavo, der von den Anlagen noch am ehesten für Emre einspringen könnte, auch eher einen gebrauchten Tag mit ungewohnten Unsicherheiten und leichten Ballverlusten. So stand zwar am Ende ein deutliches Chancenplus, wirklich überzeugend war die Leistung der Gelb-Blauen allerdings zu keiner Zeit. Werden dann auch noch die besten Möglichkeiten vergeben, holt man auch beim Schlusslicht keine Punkte. Nicht nur Emre Belözoğlu wird darauf hoffen, dass Max Kruse bald zurückkehrt. Am Freitag kommt mit Kasımpaşa ein weiterer Gegner, der Fenerbahçe den Ball überlassen wird. Auch in diesem Spiel wird man noch ohne den Deutschen auskommen müssen und muss daher einen anderen Ansatz finden. Das Spiel gegen Konya dürfte ein guter Anhaltspunkt sein.