Als Mesut Özil Anfang des Jahres zu Fenerbahçe stieß, schien das ein echter Coup zu sein. Das erste Halbjahr des Weltmeisters war dann auch aufgrund von Verletzungen und fehlender Spielpraxis eher ernüchternd. In der neuen Saison soll und muss der Edelfan nun allerdings eine prägende Rolle spielen.

Der Anfang der Vorbereitung war eher wieder schwach und die ersten Beobachter begannen bereits zu unken. In den letzten Spielen zeigte der mittlerweile 32-Jährige aber wieder nachdrücklich, warum er lange Zeit als einer der besten Zehner der Welt galt. Tolle Übersicht, gefährliche Pässe uns eine saubere Technik sorgten dafür, dass Fenerbahçe immer wieder aussichtsreich vor das gegnerische Tor kam. Diesen Özil wünschen sich die Verantwortlichen immer – und brauchen ihn auch. Für Vítor Pereiras System ist der gebürtige Gelsenkirchener eigentlich nicht prädestiniert. Die klassische Zehner-Position gibt es im Prinzip nicht und auch auf den offensiven Flügeln bevorzugt der Portugiese schnelle und abschlussstarke Akteure. Trotzdem – daran besteht kaum ein Zweifel – wird Özil gesetzt sein. Zu wertvoll ist der erklärte Fener-Anhänger auch für die Außendarstellung. "Seine" Nummer zehn bekam er nun ebenfalls zugesprochen (Mbwana Samatta wich dafür auf die weniger prestigeträchtige 15 aus) und sogar mit der Kapitänsbinde lief er zuletzt auf. Özil soll sich wohlfühlen und dann mit seiner Klasse und Erfahrung das Team tragen.

System wird für Özil angepasst

An guten Tagen hat der Regisseur fraglos das Zeug dazu, die Süper Lig auseinander zu nehmen. Die Frage wird sein, wie häufig Özil diese Topform erreichen wird. Sein Spiel ist zwar nicht sonderlich athletisch geprägt, die lange Auszeit bei Arsenal sowie kleinere und größere Verletzungen haben ihm allerdings trotzdem merklich zugesetzt. Nun allerdings muss er funktionieren. Das gilt sowieso für die Offensive. Selbst einem teuren türkischen Nationalspieler wie İrfan Can Kahveci droht die Bank, da Özil und Pelkas (der sich nun verletzt hat) auf den Außen gesetzt sind. In der Defensive hält sich Fenerbahçes Nummer zehn traditionell auffällig zurück, so dass der Rest des Teams sein fehlendes Pressing kompensieren muss. Das wird so lange gut gehen, wie die Traumpässe und Vorlagen kommen. Bleiben die aus, wird mal wieder das streitbare Genie auf dem Prüfstand stehen und die Kritiker kommen aus ihrer Deckung. Die kommende Saison wird zeigen, was Özil Fenerbahçe abseits von Prestige, Aufmerksamkeit und Trikotverkäufen bieten kann. Die letzten Spiele deuten jedenfalls an, dass der Weltmeister bereit ist, es allen Zweiflern noch einmal zu zeigen.

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