Von Brügge geohrfeigt, sich selbst und den türkischen Fußball im internationalen Geschäft einmal mehr blamiert – bei der 0:5-Heimklatsche am Donnerstagabend in der Conference League legte Beşiktaş eine erbärmliche Leistung an den Tag. Es ist ein neuer Tiefpunkt der seit Monaten sukzessiv abstürzenden "Schwarzen Adlern". Ein Kommentar von LIGABlatt-Redakteur Mario Herb. 

Als Demir Ege Tıknaz in der 56. Minute – eben hatte sich Beşiktaş das 0:4 im eigenen Stadion gefangen – ausgewechselt wurde und auf der Ersatzbank mit leerem Blick gen Boden den Tränen nahe war, konnte man fast schon Mitleid bekommen. Dem 19-jährigen Talent aus der eigenen Akademie sei zumindest mitgegeben; an ihm lag es nicht allein, dass Beşiktaş eines der wohl schlechtesten Spiele der Vereinsgeschichte ablieferte. Schon vorzeitig aus dem Wettbewerb ausgeschieden, verabschiedeten sich die "Schwarzen Adler" vor heimischem Publikum keineswegs mit erhobenen Hauptes, sondern wurden von Club Brügge regelrecht zerrupft. 0:5 lautete der Endstand – ein derartiges Debakel, sodass die im Stadion anwesenden Adler-Anhänger gar nicht so recht wussten, wie ihnen geschieht. Pfeifen, wutentbrannt Parolen skandieren oder die Schmach mit Galgenhumor nehmen – letztlich war es ein Gefühlschaos aus allem.

Und zur Wahrheit gehört: Schon im Hinspiel lagen zwischen Brügge und Beşiktaş qualitativ Universen. Nur nutzten die Belgier nun ihre sich bietenden Chancen konsequent aus. Aber dennoch: Was die Kicker vom Bosporus am Donnerstagabend fußballerisch an den Tag legten, ist mit bodenlos noch untertrieben beschrieben. Es fällt schwer einen vergleichbaren Offenbarungseid zu nennen, und dass obwohl Beşiktaş in den vergangenen Jahren so einige europäische Schlappen kassierte. Nie aber traten die Schwarz-Weißen so mutlos, so blutleer, so kollektiv unfähig auf wie in dieser Partie gegen Brügge.

Ahmet Nur Çebi geht als Meistermacher – und Totengräber

Und jetzt? In erster Linie wird Rıza Çalımbay, der mit Siegen gegen Başakşehir und Samsunspor in der Liga gestartet war, den Scherbenhaufen zusammenkehren müssen. Und zwar mit dem mit vermeintlichen individuellen Stars besetzten Kader, den hauptverantwortlich Ahmet Nur Çebi zusammengestellt und bezahlt hat. Der ausscheidende BJK-Präsident ist spätestens zum Wochenende mit der anstehenden Generalversammlung samt Neuwahl Geschichte. Damit endet eine rund vierjährige Ära, indem zwar die Meisterschaft 2021 hervorzuheben ist, die ansonsten aber für den sukzessiven Absturz der Adler steht, während die Lokalrivalen Galatasaray und Fenerbahçe sichtlich wiedererstarken. Mit dem passenden Abschluss des mit Sicherheit peinlichsten Auftritts der jüngeren Vereinsgeschichte.