Galatasaray hat den Sprung in die Gruppenphase der Europa League nicht geschafft und ist somit wie die drei anderen "Großen" vorzeitig raus aus dem internationalen Geschäft. Der türkische Fußball steckt in diesem Oktober in einer Sackgasse und muss aufpassen in Zukunft nicht vollständig abgehängt zu werden. Ein Kommentar von LIGABlatt-Redakteur Mario Herb.

Vor nicht allzu langer Zeit, da sorgten die Namen der türkischen Top-Klubs bei Fußball-Fans für Aufregung und Begeisterung und bei den Gegnern für gehörigen Respekt. Leidenschaft bis hin zum Fanatismus, große Namen, die Experten, Trainer und Anhänger mit ihrer fußballerischen Qualität verzückten, dazu, die Fußball als Lebenselixier schöpfenden Fans. Anfang Oktober 2020 ist davon nichts mehr geblieben: Die Mannschaften wirken wie ein aus ablösefreien Spielern zusammengepferchter Söldnertrupp. Die Fans sind aufgrund der Corona-Situation ohnehin nicht mehr dabei. Und den über Jahre verdienten Respekt im europäischen Fußball können sich die türkischen Klubs mittlerweile nur noch selbst einreden.

Mit der Niederlage von Rekordmeister Galatasaray bei den Glasgow Rangers in den Play Offs zur Europa League ist das türkische Fiasko perfekt. Keiner der "Großen Vier" ist in der neuen Saison im Europapokal vertreten. Beşiktaş scheiterte bereits eine Runde zuvor relativ kläglich am portugiesischen Klub Rio Ave, Fenerbahçe war aufgrund eines schwachen siebten Platzes in der Liga erst gar nicht qualifiziert, Vizemeister Trabzonspor ist von der UEFA wegen finanzieller Unstimmigkeiten disqualifiziert worden.

Nationales Abschneiden hat international keine Bedeutung 

In der Saison 2020/21 wird die Türkei lediglich durch Meister Başakşehir in der Champions League und dem Liga-Vierten Sivasspor in der Europa League vertreten. Die Zeiten, in denen die großen Traditionsklubs rauschende Europa-Nächte feierten sind vorbei. Endgültig. Was sich in den vergangenen Jahren mit teilweise peinlichen Auftritten und frühzeitigen Ausscheiden angedeutet hat, ist jetzt Realität: Der türkische Fußball ist – zumindest in seiner bekannten Form, mit den bekannten Namen und Zugpferden – im europäischen Fußball nicht mehr präsent.

Galatasaray-Trainer Fatih Terim erklärte nach dem Spiel gegen die Glasgow Rangers völlig zutreffend: "Wir haben ein Team, dass in der Liga sehr gut spielen kann, aber in Europa gilt das nicht. Das ist ein anderer Maßstab." Die Schere zwischen dem europäischen Spitzenfußball und der obersten türkischen Spielklasse ist mittlerweile derart groß, dass ein nationaler Primus wie "Cim Bom" im internationalen Vergleich nur ein zahmer Löwen-Baby ist. Der türkische Fußball ist so auf Dauer im europäischen Vergleich nicht mehr wettbewerbsfähig. Eine erste Konsequenz steht übrigens bereits jetzt fest: Der bis dato sichere Platz in der Gruppenphase der Champions League für den türkischen Meister ist zur nächsten Saison gestrichen.

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