Es kommt äußerst selten vor, dass die großen Drei aus Istanbul mal einer Meinung sind. Normalerweise fallen sie schließlich eher dadurch auf, dass sie wahlweise die Konkurrenz klein reden oder sich in Verschwörungserzählungen über zu milde/harte Schiedsrichter oder fehlende Finanzmittel verlieren. Bei Thema "Ausländerregelung" hingegen ziehen "Adler", "Kanarienvögel" und "Löwen" auffallend an einem Strang.

Das ist allerdings auch keine große Überraschung, traf diese Regel sie doch erstmal hart und überraschend unvorbereitet. Zur Erinnerung: die Regel besagt, dass aber der neuen Spielzeit in jedem Spiel mindestens drei türkische Spieler pro Mannschaft auf dem Feld stehen müssen. Natürlich ist es dringend nötig, dass der türkische Fußball sich um seinen Nachwuchs und die einheimischen Spieler kümmert. Auch dass man gerade die drei Istanbuler Klubs oft zu ihrem Glück zwingen muss, ist keine Neuheit. So schnell und hart wie die Regel jetzt allerdings kommt, wirkt sie trotz Ankündigung dennoch über‘s Knie gebrochen. Auch wenn die genannten Vereine gerade jeden türkischen Spieler verpflichten, der nicht bei drei auf dem Baum ist, während die besten Akteure weiterhin von Europa träumen oder dort bereits spielen, werden ihre Trainer in der kommenden Saison nicht nur nach Leistung und System aufstellen, sondern auch nach Nationalität. Ein Blick auf die Kader:

Beşiktaş

Beim Meister der letzten Saison hätte man davon ausgehen können, dass die neue Regelung ihn besonders hart trifft. Zeitweise stand mit Ersin Destanoğlu nur ein Türke auf dem Feld. Nun allerdings haben die "Schwarzen Adler" nachgelegt: Salih Uçan und Kenan Karaman sind wohl für die Startelf eingeplant, Rıdvan Yılmaz soll um seinen Platz links hinten kämpfen, während Neuzugang Mehmet Topal, Oğuzhan Özyakup und Gökhan Töre als Joker bereitstehen. Dazu hat Beşiktaş mit Allrounder Necip Uysal noch einen Mann für alle Fälle auf der Bank. Da selbst die aktuellen Ersatztorhüter und der hoch gehandelte Mert Günok den richtigen Pass haben, sieht es bei den Schwarz-Weißen im Moment gut aus.

Fenerbahçe

Bei Fenerbahçe hätte man es nach der letzten Saison fast schon andersherum erwartet, hatte man doch vergleichsweise viele Türken im Kader und auf dem Feld. Nun ist Vítor Pereira da, hat ein neues System mitgebracht und sucht händeringend nach Spielern, die dieses umsetzen können. Viele der einheimischen Akteure sind dafür nicht unbedingt die beste Option, da ihnen Tempo oder die nötigen technischen Fähigkeiten fehlen (kein grundsätzlich türkisches Problem, sondern eher eines des aktuellen gelb-marineblauen Kaders). Auch hier ist der Torhüter eine sichere Sache, da Altay Bayındır und sogar sein aktueller Vertreter Berke Özer Türken sind. In der Innenverteidigung wird es schwieriger. In der Dreierkette haben sich Novak, Szalai und Tisserand in der Vorbereitung durchgesetzt, Neuzugang Kim könnte den Tschechen ersetzen. Serdar Aziz, der einzige Türke, steht nicht hoch im Kurs. Ähnliches gilt für Tufan und Kahveci, die beide nicht in Form sind. Auf den Flügeln hat zumindest Kadıoğlu die doppelte Staatsbürgerschaft, aber mehr einheimische Stammspieler gibt es nicht. Pereira könnte daher Dursun Valencia im Zentrum vorziehen, darauf hoffen, dass Burak Kapacak sich schnell akklimatisiert und müsste dann bei den Wechseln genau hingucken.

Galatasaray

Fatih Terim verzichtet nach aktuellem Stand in der Defensive komplett auf Türken. Muslera, Marcão, Luyindama, van Aanholt und Boey oder Yedlin heißen sein Favoriten. Alpaslan Öztürk und Ömer Bayram stehen lediglich als Backups bereit. Dafür wurde im Mittelfeld ordentlich nachgelegt: Kutlu, Kara und Yılmaz stehen zusätzlich zu Antalyalı, Akbaba, Kılınç, Turan, Aktürkoğlu und hoffentlich Oğulcan Çağlayan bereit. Zwar lassen sich für den Coach aus dieser Auswahl sicherlich drei Spieler mit Stammplatzpotential benennen, dafür werden sich die ausländischen Akteure hier strecken müssen. Geht man davon aus, dass Neuzugang Alexandru Cicâldău gesetzt ist, bleibt eigentlich nur noch ein Platz in der Sturmspitze. Hier stehen aktuell allerdings auch keine türkischen Spieler zur Verfügung.

So dramatisch wie es anfangs schien, wird die neue Regelung die Big Player der Süper Lig also nicht treffen. Dass Trainer nun allerdings bis zu einem gewissen Punkt nach Pass und nicht nach Leistung aufstellen müssen, dürfte noch für einigen Gesprächsstoff sorgen. Spätestens wenn der erste Klub aus Istanbul in eine Schwächephase gerät oder von einer Verletztenmisere heimgesucht wird, wird das Thema mit Sicherheit wieder ganz oben auf der Tagesordnung landen. Bis dahin versuchen die Klubs im Hintergrund die Regel noch zu umgehen oder zu kippen.

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