Bei der ordentlichen Versammlung der Ratsvorstände hat Klubchef Hasan Arat ein erschreckendes Bild des Vereins gezeichnet. In einer knapp 90 minütigen Ansprache wies der neue Amtsinhaber auf wirtschaftliche Ungenauigkeiten, nicht eingehaltene Verträge und achtlos zum Fenster rausgeworfenes Geld hin, wobei er auch Ex-Präsidenten Ahmet Nur Çebi verantwortlich machte. 

Die Amtszeit des im vergangenen Dezember neu gewählten Beşiktaş-Präsident, Hasan Arat, beginnt mit einem Paukenschlag: Auf der ersten Vorstandssitzung des Jahres 2024 zeichnete der 64-Jährige ein erschreckendes Bild über die unprofessionellen und chaotischen Zustände im Verein. Dabei unterstellte der neue Präsident seinem Vorgänger indirekt, sowohl rechtlich als auch moralisch unlauter gearbeitet zu haben.

Fehlende Schuldscheine und lückenhafte Buchhaltung 

So habe Hasan Arat mit Erschrecken feststellen müssen, dass die Buchhaltung des Vereins gelinde gesagt lückenhaft sei. So würden Schuldscheine fehlen, die der Klub benötige, um Verbindlichkeiten von Gläubigern einzutreiben.

Auch sei der vor zehn Jahren angeforderte Bericht des Wirtschaftsprüfungsnetzwerks "Ernst & Young", der BJK einst 80.000 US-Dollar gekostet hatte, verschollen und der Klub hätte seine äußere Wirtschaftsdarstellung auf Säulen aus Sand erbaut. Dies kann bezüglich der jährlichen Steuerprüfungen zu einem weitreichenden Problem für den Verein werden.

Merkwürdige und teure Spielerverträge 

Des Weiteren verwies Hasan Arat auf dubiose Verträge von Spielern hin, die seiner Aussage nach "niemand kennen" würde. Demnach würde Beşiktaş jedes Jahr für auf dem Papier ausgeliehene, für den Verein aber gar nicht wirklich spielende Akteure Millionen an Gehälter zahlen. Zudem würde der 16-malige türkische Meister selbst dann noch Teile des Gehalts übernehmen, wenn die Spieler zu ihren eigentlichen Klubs zurückgekehrt seien.

Verdächtige Pachtverträge von Vereinsimmobilien 

Ein weiterer brisanter Punkt, den Hasan Arat auf der Vorstandssitzung ansprach, war der Umgang mit Vereins-Immobilien und den entsprechenden Mieten. So hätte man Unsummen in Grundstücke investiert und diese weitervermietet. Dabei seien die Mieten auffallend niedrig gewesen oder seit Jahren schon nicht mehr gezahlt worden.

Die Pachtverträge, die der Verein dabei geschlossen hätte, sollen dabei teilweise über Jahrzehnte laufen, ohne dass sie sich jemals rentieren würden. Auch wenn Arat es nicht direkt ansprach, implizierte er, dass während der Amtszeit von Ex-Präsident Ahmet Nur Çebi Gelder veruntreut und diese Verträge mit krimineller Absicht geschlossen wurden.

"Geheime" Textilfabrik unterm Beşiktaş-Stadion 

Das wohl skurrilste Thema, das der neue Präsident ansprach, war eine angebliche Textilfabrik, die sich seit zweieinhalb Jahren unter dem Beşiktaş-Stadion befinden soll. Dort würden aber nicht nur Trikots und Merchandise-Artikel für die "Schwarzen Adler" hergestellt, sondern auch Fake-Produkte für andere Vereine wie Galatasaray, Fenerbahçe und Trabzonspor. Dabei würde diese Textilfabrik nicht einmal Miete an Beşiktaş zahlen.

"Ein in sich zusammenstürzendes Kartenhaus" 

Sollte dieses vom neuen Präsidenten gezeichnete Bild des Vereins wirklich zutreffen, wäre dies ein neuer Tiefpunkt in der eigenen Klubgeschichte. Offenbar wurde über Jahre hinweg gravierende Misswirtschaft betrieben und entweder ausgesprochen dilettantisch oder gar mit kriminellen Absichten gearbeitet.

Wie tief der gerade erst ins Sichtfeld gerückte Eisberg aber wirklich noch geht, wird die Zeit zeigen müssen. Auch wird abzuwarten sein, was für wirtschaftliche, Personelle und auch rechtliche Folgen dieses vermeintlich einstürzende Kartenhaus nach sich ziehen wird.