Abdullah Avcı verzichtet im heutigen Europa League Spiel gleich auf eine ganze Reihe potentieller Stammspieler. Der Schritt zeigt klar, wo der Fokus liegen soll. Das birgt allerdings auch Risiken.

Das Abschneiden der türkischen Teams in den europäischen Wettbewerben ist in dieser Saison nur als katastrophal zu bewerten. Die beiden vermeintlichen Schwergewichte Galatasaray und Beşiktaş stehen in ihren Gruppe ebenso auf dem letzten Platz wie Trabzonspor. Lediglich Başakşehir befindet sich mit vier Punkten und Platz 2 im Soll. Für die Fünfjahreswertung ist dieser Umstand ebenso schlecht wie für die Außenwirkung der Süper Lig. Nun hat Abdullah Avcı allerdings aktuell sicher ganz andere Sorgen als die Zukunft des türkischen Fussballs. Für ihn geht es kurzfristig um das Spiel am Sonntag, wo gegen den 13. Denizlispor der aktuelle Aufwärtstrend in der Liga bestätigt werden soll und mittelfristig darum, die eigenen Fans wieder hinter dem Team und natürlich auch der eigenen Person zu vereinen. Das heutige Spiel in der Europa League gegen Tabellenführer Braga (aktuell auch nur Platz 11 in Portugal) passt da nicht so ganz in den Zeitplan.

Volle Konzentration auf die Liga

Nur bei einem Sieg könnte man die Chance auf die nächste Runde wahren. Der Verzicht auf Abdoulaye Diaby, Gökhan Gönül, Atiba Hutchinson, Víctor Ruiz und Kapitän Burak Yılmaz zeigt aber relativ klar, wo die Priorität liegt. Alle Spieler hatten in dieser Saison bereits mit Verletzungen zu kämpfen und sollen nun von der stressigen englischen Woche inklusive Reisestrapazen befreit werden. Das ist erstmal sicher nicht unverständlich, könnte aber auch nach hinten losgehen. Schenkt man die Europa League ab, bleibt der Fokus automatisch auf der Süper Lig. Auch hier präsentierte sich die Mannschaft bisher insgesamt äußerst durchschnittlich und steht aktuell auf einem enttäuschenden achten Platz. Bestätigt sich die Entwicklung der letzten Wochen, bleibt das eine Momentaufnahme und die "Adler" greifen schon bald wieder oben an. Verfällt die Mannschaft allerdings in alte Muster, werden die Fans auch Abdullah Avcı wieder in Frage stellen und die Saison in Europa würde ihm zusätzlich auf die Füße fallen. Aber natürlich gibt es auch noch eine andere Möglichkeit: würden die Spieler, die heute dabei sind, gewinnen und schlüge man zusätzlich Denizlispor, säße der Trainer so fest im Sattel, wie vermutlich noch nie. Das ist zwar sehr viel Konjunktiv, aber unmöglich ist es nicht.

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