Ohne Trainer und Präsident, international raus und in der Liga auf Platz sechs abgerutscht – der amtierende türkische Meister Trabzonspor ist nach dem großen Triumph in der vergangenen Saison zu einem Chaos-Klub mutiert. Auch Fehler in der Transfer-Politik sowie finanzielle Probleme fallen den Bordeaux-Blauen nun vor die Füße.

Retrospektiv betrachtet kann die vergangene Saison aus Sicht von Trabzonspor zweifelsohne als märchenhaft beschrieben werden. Nach einer Durststrecke von 38 (!) Jahren krönten sich die Bordeaux-Blauen nach einer bemerkenswerten Saison zum türkischen Meister und ließen die drei großen Istanbuler Klubs im wahrsten Wortsinn alt aussehen. Am Ende setzte man sich mit acht Punkten Vorsprung vor dem Zweitplatzierten Fenerbahçe durch. Die von Meistertrainer Abdullah Avcı trainierten Bordeaux-Blauen beeindruckten mit einem erfrischenden Offensivfußball und konnten über die gesamte Saison die vorher so viel vermisste Konstanz an den Tag legen. Knapp ein halbes Jahr nach dem großen Triumph ist Trabzonspor nicht mehr wieder zu erkennen. In der Liga befindet man sich auf dem sechsten Tabellenplatz, wo man nun nach zwei Niederlagen in Folge den Anschluss an die europäischen Ränge zu verlieren droht. International musste man in der Conference League das Aus gegen den FC Basel hinnehmen. Doch nicht nur sportlich befindet sich Trabzonspor in einer Krise. Auch auf der Führungsebene hat man nach dem jüngsten Rücktritt von Präsident Ahmet Ağaoğlu und dem Trainer Abdullah Avcı zwei Erfolgsgaranten der vergangenen Saison verloren.

Finanzielle Probleme und Transfer-Flops

Auch auf der finanziellen Ebene sieht es für Trabzonspor alles andere als rosig aus. Wie viele andere türkische Klubs haben auch die Bordeaux-Blauen Schulden in zweistelliger Millionenhöhe zu begleichen. Nach der Meister-Saison nahm man knapp 19 Millionen Euro in die Hand, um Spieler wie Bartra, Trezeguet, Yazıcı und Co. zu binden, die dann dafür sorgen sollten, die Königsklasse zu erreichen, was man letztlich gegen den FC Kopenhagen nicht schaffen konnte. Sportlich muss man schmerzhaft konstatieren, dass jene Spieler in dieser Saison noch nicht an die Leistungen der vergangenen Saison anknüpfen können. Vor allem in der Offensive hapert es seither, was auch mit den Abgängen von Cornelius (FC Kopenhagen) und Nwakaeme (Al-Fayha) zusammenhängt. Das Sturm-Duo steuerte in der Meister-Saison gemeinsam 28 Tore bei, was in der aktuellen Saison keinesfalls aufgefangen werden konnte. Mit sieben Saison-Toren in der Liga ist bisher Mahmoud Trezeguet bester Torschütze – ein Spieler, der primär als Linksaußen eingesetzt wird.

Avcı-Nachfolger noch offen

Wer auf den zurückgetretenen Abdullah Avcı als Cheftrainer folgen wird, ist weiterhin offen. Der Meistertrainer gab in der vergangenen Woche nach der bitteren 1:2-Heimniederlage gegen den Aufsteiger Ümraniyespor seinen Rücktritt bekannt. In der türkischen Presse werden sämtliche Namen, darunter auch Kandidaten aus dem Ausland, gehandelt. Auch Ex-Beşiktaş-Coach sowie Triple-Trainer Sergen Yalçın soll dabei unter anderem in der engeren Auswahl stehen. Fest steht, dass im kommenden Liga-Spiel gegen Adana Demirspor am morgigen Sonntag (14:00 Uhr MEZ) Interimstrainer Orhan Ak die Mannschaft übernehmen wird. Ferner soll am 18. und 19. März ein neuer Präsident gewählt werden. Klar ist, dass der amtierende türkische Meister meilenweit von der nahezu perfekten vergangenen Saison entfernt ist. Trabzonspor droht nach einer Meister-Saison wieder ins Niemandsland der türkischen Süper Lig abzufallen. Auch vor diesem Hintergrund werden die Nachfolger für die beiden offenen Posten umso wichtiger sein. Schließlich wird es in der restlichen Saison darum gehen, den Sprung auf die europäischen Plätze noch zu schaffen. Ansonsten droht auch finanziell betrachtet der Supergau an der Schwarzmeerküste.