Was einst reichlich ideenlos als "Deutscher Clásico" bezeichnet wurde, ist in dieser Saison einmal mehr ein Spiel unter vielen. Zwar kann der FC Bayern am Samstag die 32. Meisterschaft "ausgerechnet" gegen den BVB klarmachen, als Erfolg wird diese Spielzeit im verwöhnten München dennoch nicht gerechnet. Spätestens wenn mit dem einzigen Titel des Jahres alle noch möglichen Ziele erreicht sind, kann man sich voll und ganz auf die Kaderplanung konzentrieren.

Denn die fest eingeplante Meisterschaft kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Münchener Kader im Vergleich zu vergangenen Spielzeiten deutlich weniger Qualität hat. Häufig wird das auf die fehlende Tiefe geschoben, was natürlich nicht ganz falsch ist, auch der erste Anzug sitzt allerdings nicht immer perfekt. Das wird beim Blick auf die einzelnen Baustellen klar.

Keinerlei Probleme gibt es im Tor. Manuel Neuer hat noch ein Jahr Vertrag und soll verlängern, Sven Ulreich ist ein treuer und verlässlicher Vertreter und auch Alexander Nübel sammelt in Monaco Spielpraxis. Einzig ein vorzeitiger Abgang des Kapitäns würde für Handlungsbedarf sorgen. Davor sieht es längst nicht so gut aus. Zwar gibt es auf der linken Seite ein gutes Angebot an Spielern, der recht Flügel kann da allerdings längst nicht mithalten. Selbst wenn Benjamin Pavard wunschgemäß häufiger in die Mitte versetzt werden sollte, stellt sich dazu die Frage nach einem neuen Abwehrchef. Im aktuellen Kader gibt es diesen nicht und mögliche Transfers wären sehr kostspielig. Auch deswegen sind die Gerüchte um Antonio Rüdiger seit längerer Zeit deutlich leiser geworden. Neben einem Rechtsverteidiger würde den Münchenern dennoch ein weiterer Mann für die Zentrale guttun.

Viele Fragezeichen in der Offensive

Das zentrale Mittelfeld war lange Zeit das bayrische Prunkstück. Durch die vielen Verletzungen und Ausfälle sieht das mittlerweile anders aus. Fit sind Kimmich und Goretzka eine starke Kombination, gerade auf der Sechs gibt es allerdings keinen adäquaten Ersatz. Da passen die Gerüchte um Konrad Laimer von RB Leipzig. Zwar würde der Österreicher als ehemaliger Nagelsmann-Schüler und Spieler eines zumindest theoretischen Konkurrenten ins klassische Beuteschema passen, für den 24-Jährigen müsste man allerdings tief in die Tasche greifen. Letzteres gilt auch für den jungen Niederländer Ryan Gravenberch. Die aktuellen Alternativen Roca, Sabitzer und Tolisso können die Anforderungen aus unterschiedlichen Gründen bisher nicht erfüllen. Einzig Jamal Musiala konnte als offensiver Achter positiv auf sich aufmerksam machen.

Der junge Nationalspieler wird allerdings auch in Zukunft vor allem in der Offensive gebraucht werden. Hier überzeugen eigentlich nur Coman und Lewandowski dauerhaft. Der Franzose ist jedoch verletzungsanfällig und um den Top-Torjäger gibt es mal wieder die alljährlichen Wechselgerüchte. Auch hier ist das Problem, dass nur jene Neuverpflichtungen sinnvoll wären, die direkt Druck auf die Stammkräfte machen können. Solche Spieler sind allerdings naturgemäß teuer.

Auf die Verantwortlichen kommt also eine Menge Arbeit zu. Chancenlose Spieler müssen abgegeben und ersetzt werden und dazu soll sich die Qualität und Tiefe des Kaders verbessern. Durch die Lage in der Liga und das Ausscheiden in den anderen Wettbewerben bleibt nun aber zumindest unverhofft viel Zeit.

Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images for FC Bayern