In lockerer Atmosphäre am Trainingsgelände von Samandıra spricht Fenerbahçe-Trainer Erol Bulut über eine falsche Erwartungshaltung, künstlich erzeugten Druck für seine Mannschaft und falschen Vorwürfen. Im Vergleich zwischen dem türkischen und deutschen Fußball nennt er einen wesentlichen Unterschied. 

In der laufenden Saison gilt Fenerbahçe als der Top-Favorit auf den türkischen Meistertitel. Der Favoritenrolle ist sich Trainer Erol Bulut dabei durchaus bewusst; die Erwartungshaltung, jedes Spiel gewinnen zu müssen, wies der 47-Jährige aber entschieden zurück: "Ich spüre diesen Druck, der der Mannschaft künstlich aufgetragen wird. Ich glaube, dass sie das absichtlich machen. Sie sagen, dieses Team mit diesen Spielern wird am Ende 20 Punkte Abstand haben", kritisierte Bulut vor allem die Presse und erklärte: "Ich werde meinen Spielern diesen Druck nicht machen. Wir arbeiten für uns und messen uns nicht an solchen Aussagen." Vor allem der Fakt, dass die vielen Neuzugänge im Team in der derzeitigen Situation eher von Nachteil als von Vorteil sind, dies aber in der Außenbetrachtung nie thematisiert wird, stört den Fener-Coach: "Wir spielen noch lange nicht den Fußball, wie ich es mir vorstelle. Das geht aber auch nicht, wenn so viele neue Spieler da sind. Das braucht Zeit und daran arbeiten wir."

Bulut erklärt: Kilometer-Vergleich mit Deutschland nicht zulässig

Des Weiteren gab Erol Bulut zu verstehen, dass ihm die generelle Kritik am türkischen Fußball nicht gefällt – nicht, weil sie nicht angebracht wäre, sondern weil sie falsch sei: "Wir reden immer von Taktiken. Mir wird vorgeworfen ich hätte keine Taktik", legte der ehemalige Profifußballer wieder los: "Ich bin jetzt seit 20 Jahren im Fußball, ich kenne mich gut aus. Und wenn ich zum Beispiel höre, dass wir im türkischen Fußball mehr Kilometer abspulen, als in Deutschland, dann muss ich lachen. Es ist nicht entscheidend, wie viel du insgesamt läufst, sondern wie viele intensive Läufe, also Sprints, du innerhalb eines Spiels machst. Und da ist unser Wert nur die Hälfte des deutschen Werts."