Auch nach dem jüngsten 3:1 über Abstiegskandidat Erzurumspor hat sich die Ausgangslage für Fenerbahçe nicht wirklich geändert. Beşiktaş dürfte der Titel nach den zuletzt gezeigten Leistungen und dem komfortablen Punktepolster nicht mehr zu nehmen sein. Von hinten allerdings drückt Galatasaray und so kommt es weiter auf jeden Sieg an.

Trotz der vermutlich verpassten Meisterschaft dürfte die Stimmung in Kadıköy eher positiv sein. Der Auftritt gegen den Tabellen-19. machte insbesondere in der ersten Halbzeit Lust auf mehr und zeigte vor allem auf, wie die beiden Edeltechniker Mesut Özil und İrfan Can Kahveci zusammen funktionieren können. Zwar mag Erzurumspor nicht der ganz große Maßstab gewesen sein, viel Aufschlussreiches lässt sich aber dennoch daraus ziehen. Seit Emres Dienstantritt an der Seitenlinie ist Variabilität Trumpf. Der ehemalige Mittelfeldstratege setzt auf Spieler, die eigentlich im Zentrum beheimatet sind (gegen Erzurum sogar gleich sechs, wobei Tufan rechts hinten dem Ausfall der beiden Rechtsverteidiger geschuldet war) und lässt sie permanent die Positionen tauschen. Gerade in den ersten 45 Minuten des letzten Spiels klappte das großartig. Özil, Kahveci und Valencia besetzten abwechselnd den rechten Flügel, von hinten schob Tufan nach und Pelkas oder Yandaş konnten dann in den Freiraum in der Mitte vorstoßen.

Klares Grundgerüst, neues Selbstvertrauen

Paradoxerweise erzeugt Emre diese Variabilität durch ein sehr striktes Grundgerüst. Das dürfte auch der auffälligste und offensichtlichste Unterschied zu Vorgänger Erol Bulut sein. Während Bulut fast in jedem Spiel eine neue Startelf aufbot und sich dabei am Gegner und den eigenen Trainingsleistungen orientierte, hält Emre wann immer das möglich ist an seiner auserwählten Elf fest. Umstellungen ergeben sich fast ausschließlich aufgrund von Ausfällen oder weil eigentlich eingeplante Spieler nach Sperren oder Verletzungen zurückkehren. Das hat gleich zwei Vorteile: zum einen greifen die Automatismen besser, die für ein Spiel immens wichtig sind, das von ständigen Positionswechseln lebt. Zum anderen hat es einen psychologischen Aspekt, der schwerer zu messen ist, aber durchaus eine Rolle spielen dürfte. Der Fenerbahçe-Edelfan auf der Trainerbank zeigt seinen Spielern, dass sich der 19-fache Meister nicht am Gegner orientieren muss, sondern es umgekehrt laufen soll. Nach dem Motto: Egal wer kommt, sofern Fenerbahçe das eigene Spiel durchzieht, ist in der Süper Lig kein Kraut dagegen gewachsen. Ein solches Vorgehen kann natürlich schnell nach hinten losgehen, insgesamt geben die jüngsten Ergebnisse dem neuen Trainer allerdings recht. Fenerbahçe spielt wie ein Meisterschaftsaspirant. Leider kommt diese Entwicklung wohl in dieser Saison zu spät.