Aufgrund der dünnen Personaldecke musste Vítor Pereira gegen Helsinki erstmals auf die jungen Spieler setzen. Diese lieferten und empfahlen sich für weitere Chancen.

Orientierungslos zeigte sich Muhammed Gümüşkaya am gestrigen Abend nur ein einziges Mal. Nach seinem Traumtor drehte der 20-Jährige ab, postierte sich vor den eigenen Fans und wollte standesgemäß das Wappen Fenerbahçes küssen. Allein, auf den neuen, viel kritisierten, Europa-Trikots wurde auf das Emblem verzichtet. Gümüşkaya guckte also links, dann rechts und dann etwas ratlos und kreierte so einen etwas unbeholfenen Torjubel. Mit Ausnahme des Ausrüsters dürfte diese Episode allerdings niemanden gestört haben. Schließlich hatte der junge Rückkehrer, der in der letzten Saison an Boluspor ausgeliehen war, nicht nur durch seinen Treffer auf sich aufmerksam gemacht, sondern durch seine gesamte Spielweise. Gümüşkaya brachte genau das mit, was es in einem solchen Spiel, noch dazu ohne echten Mittelstürmer, brauchte: Zug zum Tor und den Mut, auch mal aus der zweiten Reihe draufzuhalten. Am Ende sprang zwar nur ein einziger Treffer dabei heraus, aber der junge Mittelfeldspieler, den Vítor Pereira bereits in der Vorbereitung als Schienenläufer ausprobiert hatte, bestätigte seine gute Form und machte Lust auf mehr.

Weitere Spieler in der Hinterhand

Für die Fans dürfte das ein ganz neues Bild gewesen sein. Junge türkische Spieler, denen das Vertrauen geschenkt wird? Noch dazu mehr als einer, schließlich kam kurz nach dem Tor auch noch der erst 16-jährige Arda Güler zu seinem Debüt. Natürlich war die plötzliche praktische Jugendarbeit in erster Linie der Tatsache geschuldet, dass Pereira schlicht keine anderen Akteure mehr zur Verfügung standen und er lediglich noch vier Feldspieler auf die Bank setzen konnte. Guckt man sich aber den aktuellen Kader an, gibt es plötzlich doch einige lokale Spieler, auf die der Trainer zurückgreifen könnte. So wurden zum Beispiel Burak Kapacak (21) und Çağtay Kurukalıp (19) neu verpflichtet und Mittelstürmer Arda Kurtulan (19) aus der Jugend hochgezogen. Niemand erwartet, dass diese und die gestern eingesetzten Spieler die neue Basis bei Fenerbahçe bilden. Trotzdem will und muss man in Hinsicht auf finanzielle Engpässe und die Ausländerregelung in der Süper Lig einheimische Spieler an den Kader heranführen oder zumindest irgendwann teuer verkaufen. Ein Fall wie Ömer Beyaz soll sich nicht wiederholen. Der 17-Jährige galt als neuer Star, verzweifelte dann an seinen geringen Einsatzzeiten und wartet jetzt nach einer guten Vorbereitung beim VfB Stuttgart auf seine Spielerlaubnis. Noch weiß niemand, ob Gümüşkaya, Güler und die anderen am Ende wirklich das Zeug haben, sich in Kadıköy durchzusetzen. Einen ersten Eindruck davon, dass das aber für beide Seiten fruchtbar enden könnte, bekamen die Verantwortlichen gestern gegen Helsinki.

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