Innerhalb einen Jahres hat Sergen Yalçın aus Beşiktaş einen Meisterschaftsanwärter geformt. Vor allem die beinahe durch die Bank weg verbesserten Spieler sind als Verdienst des 48-jährigen Trainers zu werten. 

Vor rund 13 Monaten übernahm Sergen Yalçın den Cheftrainer-Posten bei Beşiktaş. Seitdem haben die "Schwarzen Adler" unter der Führung des Ex-Spielers 31 ihrer 45 Spiele gewonnen. Yalçın weist in seiner knapp über ein Jahr andauernden Beşiktaş-Tätigkeit einen Punkteschnitt von 2,16 vor – die Bilanz eines Titelanwärters. Und genau zu so einem ist Beşiktaş erstmals seit den beiden Titeln 2015 und 2016 unter Şenol Güneş wieder geworden: Ein Kandidat für die Meisterschaft.

Was sich in der Rückrunde der vergangenen Saison, insbesondere nach dem Corona-Re-Start andeutete, hat sich im Laufe der aktuellen Spielzeit bestätigt: Sergen Yalçın hat es geschafft, den "Adler" wieder ein offensives, spielfreudiges System zu verpassen. Vor allem aber eine Taktik, die sich an den stärken der einzelnen Spieler orientiert, denn genau das ist Yalçıns größte Stärke: Nahezu jeder Spieler im schwarz-weißen Trikot, egal ob eingekauft oder bereits am Dolmabahçe-Palast ansässig gewesen, ist unter dem 48-jährigen Übungsleiter auf ein anderes Level gehievt worden. Besonders die zu Saisonbeginn arg kritisch beäugten Transfers sind mit dem teilweise als Resterampe abgestempelten vorhandenen Spielermaterial zu einer verschworenen und letztlich erfolgreichen Einheit verschworen.

Rosier, Josef, Ghezzal – die Liste der Verbesserten ist lang

Rosier, bei Sporting Lissabon nicht mehr als ein Ergänzungsspieler gewesen, beackert die rechte Defensivlinie stets vorbildhaft. Josef, der seine Karriere in Saudi-Arabien schon ausklingen ließ, ist binnen kürzester Zeit Mittelfeld-Chef und der vielleicht beste Abräumer der Liga. Ghezzal, in Lyon, Leicester und Florenz praktisch nie über gute Ansätze hinausgekommen, avanciert mit seinen Flanken und Steilpassen zum Assistkönig der Liga. Die Liste ließe sich beliebig weiterführen und die beiden Stürmer, Larin und Aboubakar, denen beide zum Saisonbeginn mit Sicherheit nicht zusammen 29 Saisontore zugetraut wurden, sind noch nicht einmal inbegriffen. Hinzu kommt die mutige, aber konsequent durchgesetzte Entscheidung im Tor auf die beiden Nachwuchskräfte Ersin Destanoğlu und Utku Yurakuvan zu setzen.

Sergen Yalçın hat aus einem maximal erwartbaren Europa-League-Teilnehmer binnen einen Jahres den heimlichen Top-Favoriten auf den Meistertitel geformt. Im kommenden Liga-Spiel am Freitagabend – ausgerechnet gegen den noch amtierenden Meister Başakşehir – wird der BJK-Coach aber fehlen. Wegen erneut lautstarkem Lamentieren im Spiel gegen Gaziantep in der Vorwoche sah Yalçın bereits seine vierte Gelbe Karte der Saison. Vor allem der immer wieder stattfindende Disput mit den Schiedsrichtern und den Gegner darf noch als einige der wenigen Schwächen des 48-Jährigen gesehen werden.