Manchester United ist gegenwärtig zwar nicht an der Spitze der englischen Premier League zu finden, ist aber mit Sicherheit der bekannteste Fußballverein der Welt und auch einer der wertvollsten.

In der Forbes-Liste der umsatzstärksten Fußballklubs der Welt rangieren die Red-Devils im vergangenen Jahr mit einem geschätzten Wert von 4,6 Milliarden US-Dollar auf Rang drei, knapp hinter den spanischen Traditionsvereinen Real Madrid und FC Barcelona. Aber der Verein rund um Cheftrainer Erik ten Hag hat ein weitaus besseres Betriebsergebnis zu verzeichnen als die beiden spanischen Kollegen.
Kurz nachdem die Eigentümer von Manchester United, die Familie Glazer, ankündigten, dass sie jederzeit Angebote für eines ihrer wertvollsten Besitztümer in Betracht ziehen würden, ging ein Raunen nicht nur durch Old Trafford, sondern die gesamte Fußballwelt richtete die komplette Aufmerksamkeit auf eine mögliche Übernahme des Traditionsvereins. Und seitdem Angebote für Manchester United auf den Tisch gelegt werden können, hat so mancher potenzielle Käufer die Bühne des Theater of Dreams betreten.

Wer hat nun bereits sein Interesse bekundet und könnte nächstes Jahr, sofern das Angebot angenommen wird, für die möglicherweise größte Vereinsübernahme im Sport verantwortlich sein, die die Welt je gesehen hat?

Sir Jim Ratcliffe kauft den Anteil der Glazers auf

Wirft man einen Blick auf die Liste der führenden britischen Milliardäre, so findet man stets Sir Jim Ratcliffe ganz oben angeführt. Der Eigentümer und Gründer des Petrochemie-Riesen INEOS wird mit einem geschätzten Vermögen von 14,3 Milliarden US-Dollar auf Platz zwei des Bloomberg Billionaire Index geführt. Nur James Dyson steht ein wenig weiter oben im britischen Ranking.

Auf den ersten Blick spricht vieles für Ratcliffe. Er wurde im Großraum Manchester geboren und ist seit je her ein großer Fußballfan – etwas, das bei den kritischen Fans gut ankommen dürfte. Er ist 70 Jahre alt und hat seine Aufgabengen bei INEOS deutlich zurückgeschraubt, was bedeutet, dass er wahrscheinlich mehr Zeit für die Führung von United aufwenden wird können.

Es gibt jedoch ein paar Ungereimtheiten in seiner Vita. Ratcliffe lebt in Monaco, und das nicht aus dem Grund, dass er beispielsweise seine Blackjack-Strategie in einem der vielen Casinos des Landes verbessern möchte. Der Milliardär soll durch die Wahl seines Wohnsitzes rund vier Milliarden US-Dollar an Steuerleistungen eingespart haben, Gelder, die laut Kritikern zufolge besser in die britische Wirtschaft hätten fließen sollen. Also in jenes Land, das ihm die Grundlagen für den Aufbau eines erfolgreichen Lebens zur Verfügung gestellt hat.

Und zusätzlich beläuft sich sein Angebot auf "nur" auf 69 Prozent der Aktien des Clubs, oder mit anderen Worten, auf das, was die Glazers besitzen. Dies würde in Summe also weniger Investitionen als eine Komplettübernahme bedeuten. Auch hat er anklingen lassen, dass es ihm auch nichts ausmachen würde, wenn die Glazers immer noch einen bestimmten Anteil am Club behalten würden. Sollte sich der britische Tycoon mit seinem Angebot erfolgreich durchsetzen, so würde dies nach fast 20 Jahren Glazer-Herrschaft eine Rückkehr in britischen Besitz bedeuten.

Scheich Jassim würde 100 Prozent des Klubs übernehmen

Über den anderen Big Player im Rennen um die Übernahme von United ist jedoch weit weniger bekannt. Der katarische Bankier Sheikh Jassim ist der Sohn eines ehemaligen katarischen Premierministers. Und was ihn vor allem auszeichnet: Er hat sehr viel Geld.

Kürzlich machte er ein sagenhaftes Angebot für den Verein in der Höhe von fünf Milliarden britischen Pfund, für die er die gesamten 100 Prozent des Clubs übernehmen will. Es wird in den englischen Medien davon ausgegangen, dass dies viel mehr Geld ist als sein Rivale Ratcliffe auf den Tisch legen wird können, und dass, sofern das Angebot des Scheichs angenommen würde, die Glazers überhaupt keinen Einfluss mehr auf den Verein hätten – eine Tatsache, die bei vielen United-Fans mit Begeisterung aufgenommen würde.

Aber sollte der Scheich erfolgreich sein, so werden seine Kritiker die Quellen seiner Finanzierung in Frage stellen, wo doch gegenwärtig viele Fragezeichen über den Investitionen Katars in den Fußball aufgepoppt sind. Sollte es sich wieder um einen Fall von Sportwashing aus dem Mittleren Osten handeln? Viele Fans sind auch darüber verwundert, dass es fast keine öffentlichen Informationen über Jassim gibt, und sollte er wirklich anonym bleiben, so könnte dies für zusätzliche Verwirrung und Irritationen bei der United-Community sorgen. Eine Übernahme durch Katar wäre das erste derartige Investment aus dem Königreich im Nahen Ostens in die Premier League. Wenn sich die Katarer jedoch als fähige Eigentümer erweisen, so wird es den allermeisten United-Fans egal sein, woher sie kommen.

Die Glazers bleiben über externe Minderheitsbeteiligungen im United-Unternehmen

Der schlimmste Albtraum für viele United-Fans, einschließlich derjenigen, die vor dem Spiel des Teams gegen Aston Villa im April protestiert haben, wäre, dass die Glazers weitermachen wie bisher. Dies könnte durchaus passieren, da vor allem im Hause der Glazers Uneinigkeit über den Verkauf herrscht.

Während des Bieterverfahrens haben verschiedene in den USA ansässige Private-Equity-Firmen Interesse an der Bereitstellung von Finanzmitteln für potenzielle neue Eigentümer oder die derzeitigen Eigentümer, die Glazers, bekundet. Firmen wie Elliott Management, Ares Management und The Carlyle Group haben ausreichend Kapital angeboten und zusätzlich die Bereitschaft bekundet, eine Minderheitsbeteiligung an dem englischen Rekordmeister zu übernehmen.

Wenn die Glazers diesem Übernahmeprozess zustimmen, so wird davon ausgegangen, dass sie ebenfalls mit einer Minderheitsbeteiligung dem Verein erhalten bleiben. Das frische Geld könnte dann für den Abbau der finanziellen Verpflichtungen des Vereins verwendet werden, aber auch in die dringend notwendige Sanierung von Old Trafford und des Carrington-Trainingsgeländes verwendet werden, aber nur dann, wenn sie weiterhin Miteigentümer des Clubs bleiben. Diese Möglichkeit einer Neuübernahme von Manchester United wird jedoch von Finanzexperten für das unwahrscheinlichste der drei oben beschriebenen Szenarien angesehen.

Die Übernahme-Drama der Red Devils geht weiter

Eine weitere Möglichkeit im anstehenden Übernahmeprozess könnte das Spiel auf Zeit sein. Dies würde bedeuten, dass es auch am Ende der kommenden Saison noch keine finale Entscheidung über die neuen Besitzer des Vereins gibt. Dieser Umstand würde zwar die Aufmerksamkeit der Fußballfans weltweit, aber auch jene der Medien auf sich ziehen, aber für das Management und die Spieler wäre diese Tatsache keineswegs vorteilhaft, denn je länger der Verein sich in Ungewissheit üben muss, desto länger wird das Drama andauern.

Der Stress und die vergebenen Chancen für den Verein am Transfermarkt und in den diversen Ligen, die sich auf Grund einer medial-bedeutsamen Übernahme ergeben, kann sich sehr nachteilig auf einen Verein und sein Umfeld auswirken. Als warnendes Beispiel sei hier der Londoner Traditionsclub FC Chelsea genannt, der gegenwärtig in einer tiefen finanziellen und sportlichen Krise steckt. Es ist also nicht verwunderlich, dass die United-Supporters weltweit auf einen neuen Eigentümer drängen, der alles so schnell wie möglich erledigt und die Altlasten der letzten Jahrzehnte beseitigt.

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