Länderspiel zur besten Sendezeit, knapp 20.000 Zuschauer zugelassen, endlich herrscht wieder einmal so etwas wie Stimmung in einem Stadion. Das Duell: Ukraine gegen Deutschland. Klingt nach einem tollen Fußballabend, doch in Wirklichkeit zeigte die gestrige Partie nur, dass die Gräben zwischen der Fußballnation Deutschland und der eigenen Nationalmannschaft eine unglaubliche Tiefe erreicht haben.

Mehr als sechs Jahre ist es her, als sich Deutschland im Freudentaumel befand. Man war endlich zum vierten Mal Weltmeister geworden und alles schien perfekt. Von diesen Gefühlen ist längst nichts mehr übrig. Als Deutschland gestern in der Nations League mit 2:1 gegen die Ukraine gewann, war kaum Lob zu vernehmen. Obwohl die spielerische Leistung in Ordnung war, zitterte man sich am Ende zum Sieg. Schon vor dem Anpfiff waren einige wenig begeistert von der Aufstellung, nach der Partie kritisierte sogar Serge Gnabry die gewählte Formation. Bastian Schweinsteiger sprach gar davon, dass man sich mit der Nationalmannschaft nicht mehr identifizieren könne.

Wer geht voran?

Gestern setzte Bundestrainer Joachim Löw auf einen Bayernblock. Mit Manuel Neuer, Niklas Süle, Joshua Kimmich, Leon Goretzka und Serge Gnabry spielten fünf Triple-Sieger. Richtig überzeugen aber konnten sie nicht, obwohl sie in München den Ton angeben. Sind die Spieler mit der Richtung, die der Bundestrainer vorgibt, noch zufrieden? Die Fans – oder besser gesagt, die ehemaligen Fans – sind es definitiv nicht mehr. Kaum einer steht mehr hinter Joachim Löw, schon seit mehr als zwei Jahren hoffen viele auf einen anderen Bundestrainer. Das 2:1 gegen die Ukraine war der erste Sieg seit langer Zeit, in der Nations League der überhaupt erste im siebten Anlauf. Zurückgewinnen konnte die Nationalmannschaft allerdings keine Sympathien. Diejenigen, die den gestrigen Abend vor dem Fernseher verbracht haben, hatten eher ein Ziel: Fehler suchen, Fehler finden und sich fragen, weshalb man das Spiel eigentlich verfolgt hat.

Foto: Joosep Martinson/Getty Images