Zum Saisonauftakt gelang Fenerbahçe ein hart umkämpfter Auswärtssieg in Rize. Mit einem runderneuerten Kader und einer Taktik, die den Fans aus der letzten Saison bekannt sein dürfte, rang man den Gegner in der Schlussphase nieder. Noch steht man am Anfang einer sehr langen Saison, erste Erkenntnisse konnten allerdings trotzdem gewonnen werden.

Altay bleibt (noch) der Alte

Altay Bayındır ist eines der größten Torwarttalente der Süper Lig. Das sieht man ganz offensichtlich auch in Kadıköy so. Bereits in der holprigen Vorsaison durfte der mittlerweile 22-Jährige als Stammkeeper auf dem Feld stehen. Ein großer Vertrauensbeweis und gleichzeitig oft eine undankbare Aufgabe, da er durch eine stetig wechselnde Viererkette häufig ziemlich allein gelassen wurde. Trotzdem überzeugte er weitestgehend, hatte allerdings auch immer mal wieder einen Patzer in seinen Aktionen. Ein ähnliches Zeugnis könnte man ihm nun auch nach dem Auswärtsspiel in Rize ausstellen: erst stark im Eins gegen Eins und kurze Zeit später fällt ihm ein simpler Flankenball aus den Händen. Nach einem Spiel sollte man kein Urteil fällen, aber der Anspruch an den jungen Keeper wird sein, dass er seine Leistungen nun über die gesamte Saison stabilisiert. Das Zeug dazu hat er in jedem Fall.

Innenverteidigung gesucht

Die Besetzung des Abwehrzentrums war durchaus überraschend: Sadık Çiftpınar hatte in der Vorbereitung die meisten Spielanteile bekommen, statt dem 27-Jährigen stand allerdings Rückkehrer Zanka neben Abwehrboss Aziz auf dem Feld – und machte insgesamt den besseren Eindruck. Mit Mauricio Lemos und Marcel Tisserand werden in Zukunft fünf Innenverteidiger im Kader stehen. Für Trainer Bulut wird es nun sehr wichtig sein, das Duo zu finden, mit dem er den Großteil der Saison bestreiten möchte. Es wäre eine große Überraschung, würde es bei Aziz und Zanka bleiben. Wie schnell sich die beiden Neuzugänge allerdings einfügen, ist schwer abzusehen.

Große Räume auf den Außen

Mit den Rückkehrern Caner Erkin und Gökhan Gönül hat man nicht nur zwei Identifikationsfiguren und Anführer zurück ins Şükrü Saracoğlu Stadyumu geholt, sondern vor allem zwei der besten Außenverteidiger der letzten Saison. Gegen Rizespor konnten sie diesen Status noch nicht bestätigen. Erkin verschoss nicht nur den Elfmeter, sondern ließ sich auch das ein oder andere Mal düpieren, Gönül wiederum fehlte beim 0:1 und ließ Melnjak so unbedrängt flanken – erzielte allerdings auch den wichtigen Ausgleich. Nach einem Spiel sollte man sich hier kein Urteil erlauben, insbesondere nominell schwächere Gegner werden allerdings auch in Zukunft versuchen, den Offensivdrang der Außenverteidiger auszunutzen, um in ihrem Rücken zu kontern. Da beide Außenverteidiger allerdings auch vorne gebraucht werden, müssen insbesondere die beiden Sechser die Lücken besser schließen, vor allem wenn die offensiven Flügelspieler nicht konsequent nach hinten mitarbeiten.

Sosa wird der neue Emre

Vermutlich weiß Emre Belözoğlu, bei aller Bescheidenheit, welche Lücke sein Karriereende im gelb-marineblauen Mittelfeld hinterlässt. Stand er auf dem Feld, ging jeder Angriff über ihn. Mit Übersicht statt Tempo ordnete er das Spiel und initiierte die Vorstöße. Seinen Nachfolger hat er selbst ausgesucht und José Sosa deutete zumindest an, dass er möglicherweise in die großen Fußstapfen treten kann. Eingewechselt in der 77. Minute, übernahm der Argentinier die Regie, schlug kluge Bälle, wie jenen vor dem Elfmeter und übernahm dann die Verantwortung beim Strafstoß. Auch der mittlerweile 35-Jährige wird allerdings – ähnlich wie sein Vorgänger – nicht mehr jedes Spiel mitgehen können. Hier wird es nun wichtig sein, dass man Alternativen findet, um weniger ausrechenbar zu sein und der neuen Nummer 5 Pausen zu gönnen.

Müde Offensive

Die endgültige Bekanntgabe des Muriqi-Wechsels zu Lazio Rom dürfte für die Fener-Fans beinahe schon eine Erlösung gewesen sein. Wie ein Pflaster, das man langsam abzieht, zog sich auch der Transfer des besten Torjägers hin. Nun ist er weg und im ersten Spiel hat sich kein adäquater Nachfolger aufgedrängt. Enner Valencia zeigte nach seiner Einwechslung gute Ansätze, Mame Thiam blieb blass und Michael Frey war zwar bemüht, allerdings auch glücklos. Eine neue Sturmspitze mit Stammplatzanspruch wird nun noch dringend gesucht, damit man an diesem Fixpunkt auch die offensive Dreierreihe ausrichten kann. Bis dahin gilt, drei hart erkämpfte Punkte bleiben drei Punkte.