Mit 39 Jahren beendet Emre Belözoğlu seine beeindruckende Spielerkarriere. Der streitbare Routinier hinterlässt eine Lücke, die weit über das Spielerische hinausgeht.

Es gab nicht wenige, die vor der Saison unkten, dass Fenerbahçe aus den Fehlern der Vergangenheit nur halb gelernt habe und so statt eines internationalen Altstars nun einen einheimischen Oldie verpflichten würde. Die Rückkehr des verlorenen Sohnes Emre Belözoğlu mit biblischen 39 Jahren schien für viele Fans eher Folklore zu sein. Und auch der Rückkehrer selbst dämpfte die Erwartungen während der Vorbereitung deutlich und kündigte an, dass er vermutlich häufig auf der Bank Platz nehmen werde. Damit sollte er zwar, auf die ganze Saison gesehen, recht behalten, seinen Wert für dieses Team hat er trotzdem mehr als deutlich unter Beweis gestellt.

Der Begriff "Führungsspieler" ist zwar gerade im modernen Fußball arg überstrapaziert, Belözoğlu füllte ihn in dieser Spielzeit allerdings nochmal mit Leben. Stand er auf dem Platz, lief alles über ihn. Jeder Angriff, jeder Tempowechsel und jede Spielverlagerung wurde durch den Kapitän initiiert. Zwar war es für die "Kanarienvögel" erneut eine Saison zum Vergessen, Emre war allerdings der wichtigste Spieler.

Das fiel vor allem dann auf, wenn er nicht auf dem Platz stand. Kein anderer Akteur konnte oder wollte in die Führungsrolle hineinwachsen und genau dieser Punkt dürfte in Kadıköy aktuell Kopfzerbrechen bereiten. Emres Vertreter Hasan Ali Kaldırım hatte leider zu sehr mit Verletzungen zu kämpfen, Ozan Tufan war die schwere Bürde der Verantwortung anzumerken und Luiz Gustavo scheint noch nicht vollständig in Istanbul angekommen zu sein.

Nun wird es darum gehen, den Chef in gleich zweierlei Hinsicht zu ersetzen: als Spielmacher, der die Partie lenkt, von hinten aufbaut und vorne Verantwortung übernimmt. Das mag im Zweifelsfall (und mit dem Geld aus einem eventuellen Muriqi-Verkauf) noch die leichtere Aufgabe sein. Einen neuen Anführer zu finden und eine Hierarchie zu etablieren, in der junge und erfahrene Spieler gleichermaßen mitziehen, wird die ungleich schwerere Aufgabe werden. Da ist es beinahe etwas ironisch, dass diese Aufgabe nun demjenigen zufällt, der die Vakanz hinterlässt. Als neuer Sportdirekter wird es Emres Aufgabe sein, seine(n) Nachfolger zu finden. Weiterhin halten sich die Gerüchte, dass es Gökhan Gönül zurück zu den Gelb-Marineblauen ziehen könnte. Der 35-Jährige wäre dann der nächste Altstar, der eine durcheinander gewürfelte Truppe nach einer enttäuschenden Saison wieder in die Spur bringen soll.