Stell dir vor du wirst Meister und niemanden interessiert’s. Kennt der FC Bayern seit Jahren, denn im Endeffekt hat man doch schon ab dem ersten Spieltag gewusst, dass die Schale an der Isar bleiben wird. Langweilig. Langweilig? Das mag sogar sein, doch da drängt sich schnell die Frage auf: Können die Münchner denn etwas dafür? Ein Kommentar.

Außer Frage steht natürlich, dass man an der Säbener Straße die größten finanziellen Mittel besitzt, um sich um neue Stars zu kümmern. Das alleine aber macht noch keinen Meister. 2019 leisteten sie sich Lucas Hernández, der kaum zum Titel beigetragen hat. Philippe Coutinho und Ivan Perišić wurden ausgeliehen, Stammspieler waren beide nicht. Fiete Arp und Mickaël Cuisance waren Randfiguren. Eingeschlagen hat Benjamin Pavard, der für 30 Millionen vom VfB Stuttgart kam. "Die Bayer sind nur so gut, weil sie der Konkurrenz die besten Spieler wegnehmen." Pavard kam von einem Zweitligisten, Arp ebenso, Cuisance war bei Gladbach kein Stammspieler. Wo also bedienten sich die Bayern zuletzt bei der Konkurrenz?

Talent ja, Wille nein

Der BVB ging fleißig auf große Shoppingtour. Man schnappte sich den besten Spieler aus Gladbach, den besten aus Leverkusen und einen sehr guten aus Hoffenheim. Ach, und dann kaufte man dem FC Bayern ja auch noch Mats Hummels ab. Wildern bei der Konkurrenz, das machen wohl doch nicht nur die Bayern. Natürlich ist es erlaubt, Spieler der direkten Rivalen zu kaufen. Also wenn man nicht Bayern München heißt, denn dann verkommt es schnell zum Skandal. Zugegeben, Dortmund und Leipzig haben in dieser Saison tolle Spiele abgeliefert, vor allem offensiv begeistert. Das Spielerische alleine aber genügt nicht, um am Ende auch ganz oben zu stehen. Es ist die unbändige Gier nach Titeln, die einen Meister macht. Die Bereitschaft, 100% zu geben, auch, wenn es eigentlich schon entschieden ist. In München spielen Profis, die die Schale schon diverse Male hochhalten durften. Für die müsste es eigentlich langweilig sein, jedes Jahr um den gleichen Pokal zu spielen. Genau das ist es aber eben nicht.

Acht Titel? Dann will ich den neunten!

Genau dieser letzte Wille fehlt sowohl in Dortmund als auch in Leipzig. Wie kann es sein, dass ein Thomas Müller, der nun neun Meistertitel gesammelt hat, mehr Biss zeigt als ein undekorierter Marco Reus? Oder ein Timo Werner? Der deutsche Rekordmeister ist durchaus verwundbar, das hat auch die Saison 2019/20 gezeigt. In solchen Momenten aber muss die Liga wachsam sein. Die berühmte Mia san Mia Mentalität aus der bayrischen Landeshauptstadt ist keinesfalls nur ein Merchandising-Produkt, sie wird von den Spielern vorgelebt. Der maximale Erfolg muss es sein, sonst nichts. Zwei Jahre in Folge schwächelten sie nun, zwei Jahre in Folge konnte es die Liga nicht nutzen und muss sich dafür an die eigene Nase packen. Spielerisch hätten sowohl Dortmund als auch Leipzig das Zeug dazu, den Münchnern weh zu tun. Offensichtlich aber müssen sie noch lernen, damit umzugehen. Wo ist sie, die Gier nach Titeln? Seit 2013 hält sie sich an der Säbener Straße auf. Möchte sie doch einmal jemand entführen, sollte er sich im September auf den Weg ins schöne München machen.

Foto: Martin Meissner/Getty Images