Das Kadıköy-Derby elektrisierte die Massen. Während die Spannung bis zum Schluss geboten war, blieb die Partie spielerisch vieles schuldig und zeigte die Probleme der Vereine nochmals geballt auf.

Bei Galatasaray dürfte auch einen Tag nach dem 3:1-Sieg die Partystimmung anhalten. Der Kadıköy-Fluch wurde nach 20 Jahren durchbrochen, der Erzrivale niedergerungen und plötzlich steht man nach einer durchwachsenen Hinrunde auf Platz 2 – punktgleich mit Tabellenführer Trabzonspor (der allerdings noch ein Nachholspiel hat). Gleichzeitig dürfte Fatih Terim seinen Spielern in einer ruhigen Minute nochmal einige Szenen des Spiels zeigen, die auch für einen anderen Verlauf hätten sorgen können. Gerade Onyekuru und Belhanda hätten das Spiel früher entscheiden müssen, scheiterten aber beinahe kläglich an Bayındır und/oder dem eigenen Unvermögen. Während der Nigerianer seine vorherigen Fehlversuche mit dem Siegtreffer in der Nachspielzeit wieder wett machen konnte, war Belhandas Abgang äußerst unrühmlich. Sein Griff in das Gesicht von Deniz Türüç bei seiner Auswechslung führte nicht nur zu gelb-rot, sondern auch zu einem Platzverweise seines Gegners.

Emotionen schlagen Spielfluss

Dessen frühzeitiger Abgang war allerdings nicht das einzige Problem der Gastgeber. Fenerbahçe enttäuschte erneut auf ganzer Linie. In Abwesenheit der beiden Mittelfeld-Lenker Gustavo und Belözoğlu kam zu keiner Zeit ein vernünftiger Spielfluss zustande. Hinten brachte man sich mit teils haarsträubenden Fehlern selbst in die Bredouille und vorne blieb Toptorjäger Muriqi erneut blass. Fairerweise muss man allerdings sagen, dass auch dessen Nebenleute die meiste Zeit unter dem Radar liefen. Die besten Chancen aus dem Spiel heraus hatten Arslan, Isla und Ekici. Ciğerci war auf Linksaußen wie bereits in den letzten Spielen selten ein Faktor, Arslan bestätigte seine Formkrise und auch die Innenverteidigung präsentierte sich häufig nicht sattelfest. Onyekuru dürfte äußerst überrascht gewesen sein, wie oft er quasi alleine auf das gegnerisch Tor zulaufen konnte.

Während das Spiel von beiden Teams spielerisch vieles schuldig blieb, wurde die Emotionsschraube dagegen kräftig überdreht. Natürlich reden wir hier vom Derby und natürlich gehören Emotionen dazu, aber zwölf gelbe, zwei rote und eine gelb-rote Karten für Spieler und Betreuer sind irgendwann auch ein Zeichen für mangelnde Disziplin auf beiden Seiten. Sportlich hat Galatasaray gezeigt, dass mit ihnen im Meisterschaftskampf wieder absolut zu rechnen ist, während die "Kanarienvögel" nun zunächst mit sich selbst beschäftigt sein werden. Die Kräfteverhältnisse haben sich endgültig wieder verschoben. Zumindest bis auf weiteres.

Foto: Ozan Kose/Getty Images