Nach insgesamt ereignisarmen 90 Minuten gegen den vermeintlichen Angstgegner Island stand fest: die Türkei ist dabei! Natürlich war der Jubel grenzenlos, das Spiel ließ aber auch einige Rückschlüsse auf die Mannschaft zu.

Besonders groß dürfte die Freude bei Umut Meraş gewesen sein. Der 23-Jährige vom französischen Zweitligisten Le Havre behielt seinen Platz als linker Verteidiger, obwohl Hasan Ali Kaldırım wieder im Kader stand. Und Meraş zahlte das Vertrauen zurück. Er rackerte unermüdlich und warf sich in der Endphase in Schüsse der Isländer. In dieser Form dürfte er seinen Platz zumindest vorerst behalten und von der Notlösung endgültig zur Stammkraft werden. Meraş Situation steht aber beinahe sinnbildlich für die gesamte Verteidigung. Nur drei Gegentore fing man sich während der gesamten Qualifikation und auch das Spiel gegen Island zeigte einmal mehr, dass an Merih Demiral, Çağlar Söyüncü und Zeki Çelik im Verbund mit dem Linksverteidiger im doppelten Sinne kein Vorbeikommen ist. Für den Gegner ist es schwierig zu Abschlüssen zu kommen und für Şenol Güneş führt eigentlich ebenfalls kein Weg an den vier Spielern vorbei. Vor allem die beiden Innenverteidiger gefallen mit ihren zugleich kompromisslosen und spielerisch hochwertigen Auftritten. Spricht man über die stabile Defensive, darf ein weiterer Faktor natürlich nicht unerwähnt bleiben. Mit Mert Günok hat die Türkei wieder einen Stammtorhüter. Der Schlussmann von Başakşehir präsentiert sich mit seiner ruhigen Art als Fels in der Brandung und dürfte seine Konkurrenten Sinan Bolat sowie die drei Herausforderer Gökhan Akkan, Uğurcan Çakır und Altay Bayındır auf die Plätze verwiesen haben. Trotz durchwachsener Leistung darf sich auch Cengiz Ünder als Gewinner fühlen. Seine späte Auswechslung nach längerer Verletzungspause zeigte deutlich, dass Şenol Güneş derzeit keinen gleichwertigen Ersatz im Kader hat. Die Dribblings des jungen Mannes von AS Rom sind eine Geheimwaffe, auf die sein Trainer nicht verzichten will.

Fingerzeig vom Trainer

Wo es Gewinner gibt, gibt es auch Verlierer (zumindest auf die persönliche Position bezogen). In der Defensive dürften vor allem der bereits angesprochene Hasan Ali Kaldırım und Kaan Ayhan mit ihrer Situation hadern. Die bestechende Form ihrer Konkurrenten drängt sie zumindest bis auf weiteres in die Backup-Rolle. In der Offensive sind die beiden verbliebenen Flügelspieler Deniz Türüç und Efecan Karaca klare Herausforderer, die weder ihren Platz im Kader noch in der ersten Elf sicher haben. Etwas anders sieht es bei Yusuf Yazıcı aus. Der Mann aus der Jugend von Trabzonspor kommt bei Lille langsam in Fahrt und wusste nach seiner Einwechslung gegen Island ebenfalls zu gefallen. Im Moment sieht es so aus, als würde er mit Hakan Çalhanoğlu um einen Platz in der Startelf kämpfen. Der gebürtige Mannheimer vom AC Mailand blieb in der Nationalelf nämlich mal wieder hinter den Erwartungen zurück und ist trotz seiner Fähigkeiten nicht unumstritten. Vielleicht nutzt der Trainer bereits das bedeutungslose Spiel gegen Andorra, um Stammspielern eine Pause zu gönnen und bietet dafür anderen die Chance sich zu zeigen. Diese sollten sie nutzen. Denn ab jetzt beginnt die Bewerbung für die 23 Kaderplätze bei der EM.

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