Weiter geht es in unserer Serie "Fan vs. Experte" mit LIGABlatt-Kolumnist Knut Kircher und unserem "Fußballwelt"-Redakteur Niklas Saess! Thema diesmal: Das Verhalten von Streikprofis.

Die Machtlosigkeit, mit der BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke zuletzt die Transfers von Ousmane Dembélé und Pierre-EmerickAubameyang abnicken musste, hatte schon etwas Befremdliches. Der sonst stets um Kontrolle bemühten 58-jährigen wurde in eine Situation manövriert, die in der freien Wirtschaft unvorstellbar scheint. Arbeitnehmer, die ihren Chef erpressen und temporär sogar die Arbeit bestreiken, nur um dann für ein Vielfaches an Gehalt andernorts anzuheuern. Man muss kein Arbeitsrechtler sein, um zu erkennen, dass dieses Gebaren obszön und verwerflich daherkommt.

Watzkes öffentlich gewordene Drohung, man würde "den nächsten streikenden Profi auf die Tribüne setzen" kann im Grunde nicht für voll genommen werden. Borussia Dortmund hat gegenüber seinen Aktionären eine Gewinnverpflichtung, die sich mit Kapitalverbrennung auf höchstem Niveau beißt. Und genau das wäre eine Degradierung eines millionenschweren Spielers. Der BVB wird, sollte eine ähnliche Situation in naher Zukunft eintreten, nicht anders handeln können als zuletzt. Die Fußballromantik geht an dieser Stelle selbstredend komplett verloren – und doch unterliegt man eben auch in Dortmund den Gesetzen der schönen neuen Welt.

Was Borussia Dortmund tatsächlich anstreben sollte, ist ein höheres Maß an Persönlichkeits-Scouting. Spieler nach rein sportlichen Gesichtspunkten zu verpflichten, mag schön und gut sein – doch muss man sich Jahre später nicht wundern, wenn aus dem einstigen Fan-Liebling eine sogenannte Personas non grata wird. Im Falle des BVB wurden sowohl Ousmane Dembélé, als auch Henrikh Mkhitaryan einst unter hohen Störfeuern verpflichtet. Wenig verwunderlich, dass also auch die Abgänge alles andere als reibungslos verliefen.

Ein Fußballprofi muss heutzutage begreifen, dass er noch immer Arbeitnehmer ist. Ein gut bezahlter zweifellos, aber das Pflichtbewusstsein gegenüber dem Arbeitgeber muss stets vorhanden sein. Und neben beruflichen Verpflichtungen haben die Profis auch eine nicht zu verachtende soziale Verantwortlichkeit. Was signalisiert es einem vierzehnjährigen Schüler, wenn sein großes Idol aus der Fußballwelt mit seinen Bossen Katz und Maus spielt? Es bleibt zu hoffen, dass die jüngsten, weltweiten Fälle von Spielerstreiks eine traurige Phase bleiben – und kein andauernder Zustand. Da würde mit Sicherheit auch Hans-Joachim Watzke zustimmen.

Nun die Expertenmeinung: Was sagt Ex-Referee Knut Kircher zu den streikenden Profis?

Entscheidet wirklich der Spieler selbst, dass er einen Verein in dieser Art und Weise verlässt? Gibt es da nicht auch Strippenzieher im Hintergrund?

Der das Vereinsemblem symbolisch küssende Fußballprofi oder derjenige, der sich mit geballter Faust sich selbst kasteiend auf die Brust schlägt, um dann zwei Wochen später den Verein zu verlassen, weil er spontan eine andere Liebe gefunden hat. Alles das gibt es immer wieder!

Da denkst du als Schiedsrichter auf dem Platz:  "Wow, was für ein Spieler! Hoffentlich bleibt er der Bundesliga als Farbtupfer und Typ erhalten." Aber du kennst auch das Geschäft und ich bin mir immer nicht sicher, ob im Hintergrund nicht auch noch andere Motivationen bei Vereinswechseln laufen, denn wir sind uns doch einig: Es ist eine Menge Geld im Spiel.
Klar ist aber auch: Wenn ich sportlich eine neue Herausforderung bekomme, dann bin ich Sportler und würde diese gerne annehmen, aber auf den Stil kommt es an.

Richten wir den Fokus aber mal auf die Typen, die die Bundesliga ausmachen und ausgemacht haben, die wirklich zu Ikonen ihres Vereins aufgestiegen sind, weil sie Erfolge und Misserfolge mit diesem Verein gefeiert haben und treu geblieben sind oder aber im Guten gingen und in der Ferne auch ehrliche Arbeit verrichtet haben. Ihnen gehört doch unsere volle Sympathie als Fan. Menschen, die sich mit dem Verein wirklich identifizieren, die ihr Herzblut geben und nicht nur des schnöden Geldes wegen gehen. Dass es hier und da mal zu Trennungen kommen kann ist doch klar. Das kennen wir bereits im Jugendfussball, wenn junge Talente in die nächst höhere Liga zum Nachbarverein streben. Lasst sie ziehen im Guten, wenn sie sich entwickeln und an ihre Wurzeln erinnern, kommen sie zurück bzw. helfen wenn es dort notwendig sein sollte. Im Groll gegangen, hat noch niemanden zurück in die Heimat gebracht!

Wenn dir aber ständig einer in den Ohren liegt und dir tagtäglich ins Ohr sagt, was für ein toller Kicker du bist, du dich unbedingt weiterentwickeln musst, unter allen Umständen den Verein dabei zu wechseln hast, dann glaubst du es irgendwann mal und bist eine Marionette. Ich wünsche mir Typen zurück, die für sich selbst entscheiden können, die für das formelle und meinetwegen juristische einen Berater haben, aber ansonsten selbst entscheiden und dabei den Ehrenkodex der Vertragserfüllung auch ganz oben halten. Denn es sind Vorbilder, wie wir alle und diese braucht es heute mehr denn je!

Deshalb meine Hochachtung an alle reifen Fußballer, die wissen, wie man sich in solchen Fällen verhält, die eine Ehre haben. Ich bin überzeugt, davon gibt es noch viele, lasst uns diese als Fans bewundern für ihre Einstellung und ihren Mut für die richtigen Entscheidungen!