Als Arjen Robben dieser Tage seinen Rücktritt aus der niederländischen Nationalmannschaft bekannt gab, versank die Fußballwelt der "Oranje" in Melancholie. Seine letzten Minuten in der Amsterdam-Arena wurden von lautstarken "Robben"-Sprechchören begleitet und dem sonst so taffen Linksaußen standen letztlich sogar Tränen in den Augen. Nun muss nicht jeder Abschied die Bilderbuch-Dramaturgie des letzten Robben-Auftritts haben, doch was sich rund um Arda Turan, die türkische Nationalmannschaft und deren Fans abspielt, sucht europaweit seinesgleichen.

Von Niklas Saess

Eben jener Arda gab Anfang Juni diesen Jahres seinen Rücktritt aus der türkischen Auswahlmannschaft bekannt, nachdem er zuvor auf der Reise zum Auswärtsspiel in Slowenien einen Journalisten gewürgt und beleidigt hatte. Und wenngleich der Vorfall ein abermals unrühmlicher Höhepunkt war, atmete eine Vielzahl der Fans auf, da das einstige sportliche Aushängeschild des Landes schon lange zum nicht mehr tragbaren Handicap mutiert war.

Rücktritt vom Rücktritt

Und so wurde es dem neuen Trainer Mircea Lucescu alles andere als positiv ausgelegt, Arda nur zwei Monate nach seinem Rücktritt zum Comeback zu überreden. Das Tischtuch war bereits zerschnitten – und die Fortsetzung der Geschichte im Grunde vorgeschrieben. Arda stand und steht für eine Mentalität, die bei der breiten Masse der türkischen Fans auf Unmut stößt. Star-Allüren, arrogante Auftritte und nicht zuletzt untragbare Disziplinlosigkeiten sorgen dafür, dass der Frust des sportlichen Niedergangs der türkischen Nationalmannschaft in erster Linie auf Arda abgewälzt wird. Und dieser scheint es fast schon darauf anzulegen: Seine mit Pfiffen quittierte Auswechslung gegen Island "kommentierte" er mit einem süffisanten und selbstgerechten Lächeln.

Unter dem Strich steht Ardas Wiederberufung auch für das grundlegende Problem des türkischen Fußballs: Es kommt nichts nach! Gäbe es sportliche Alternativen zum Barcelona-Star wäre Lucescu vermutlich gar nicht erst auf die Idee gekommen, Arda zum Comeback zu überreden. Es muss ein grundsätzliches Umdenken – allen voran bei den Spitzenvereinen – erfolgen. Betrachtet man den kleinen Klub von Altınordu aus Izmir könnten sich die "Großen" mehr als eine Scheibe abschneiden. Durch intensive Jugendförderung mit professionellen Akademien wurden binnen kürzester Zeit Spieler wie Çağlar Söyüncü, Cengiz Ünder und Berke Özer herausgebracht. Es wird Zeit, dass das zweifellos vorhandene Potential endlich konsequent ausgeschöpft wird – und Spieler wie Arda Turan schnellstmöglich der Vergangenheit angehören.