Die in allen Belangen verdiente Niederlage gegen den Überraschungsspitzenreiter Sivasspor zeigte es auch allen Optimisten nochmal deutlich: Fenerbahçe ist (noch) keine Spitzenmannschaft. Jetzt kommt es auf Ersun Yanal an.

Die Fans der „Kanarienvögel“ gehen in dieser Saison durch ein Wechselbad der Gefühle. Immer wenn sie denken, dass ihr Verein nun endgültig auf dem richtigen Weg ist, werden sie schmerzhaft eines Besseren belehrt. Satte neun Tore hatte ihnen ihre Mannschaft in den letzten zwei Spielen geschenkt (4:0 im Pokal gegen İstanbulspor und 5:2 gegen Gençlerbirliği), nur um sich gegen Sivasspor plump auskontern zu lassen. Es war mitunter erschreckend, wie der 19-fache Meister wieder und wieder in die Konter des Tabellenführers stolperte. Gründe für den erneuten Rückschlag gibt es mehrere.

Zunächst ist da die Formschwäche der Schlüsselspieler zu nennen. Kapitän Emre Belözoğlu ist zwar nach wie vor der unumstrittene Anführer der neuzusammengestellten Mannschaft, seine starke Form aus den ersten Spielen erreicht er derzeit allerdings nicht mehr. Fehlt der 39-Jährige dann aber, entsteht ein echtes „Machtvakuum“. Zu sehen war das in der Nachspielzeit, als sein Vertreter Ozan Tufan sich völlig unnötig einen Platzverweis wegen Meckerns abholte. Mit dem Anführer passieren solche Undiszipliniertheiten nicht, offenbar reicht die Puste derzeit aber nicht für 90 (starke) Minuten. Spielerisch soll der Kapitän eigentlich von Gustavo und Kruse vertreten werden. Beide zeigten gegen Sivasspor allerdings eine enttäuschende Leistung und da auch Toptorjäger Muriqi sich eine Auszeit gönnte, kam die Niederlage folgerichtig.

Fehlende Balance zwischen Defensive und Offensive

Grundsätzlich wäre allerdings theoretisch mehr drin gewesen, da Fenerbahçe drückte und klar auf Sieg gehen wollte. Dabei stimmte allerdings die Abstimmung zwischen Offensive und Defensive nicht. Die Gastgeber konterten im eigenen Stadion und hätten schon vor dem Anschlusstreffer durch Türüç höher führen können. Spätestens nach Çiftpınars schwerer Verletzung zeigte sich dazu die Verteidigung selbst äußerst wackelig und diese Kombination musste schlussendlich zum Unglück führen. Auf Ersun Yanal kommt nun einige Arbeit zu. Im Spiel gegen Sivasspor hat er nicht nur drei Punkte, sondern auch noch ebenso viele Spieler verloren. Er dürfte nun das Pokalspiel am Mittwoch nutzen, um Ersatzleute für Rodrigues, Tufan und Çiftpınar zu casten. Am nächsten Sonntag wartet das insgesamt wiedererstarkte Beşiktaş und auch gegen den Stadtrivalen wird man sich stark verbessern müssen. Die Balance zwischen Angriff und Verteidigung wird dabei eine ebenso große Rolle spielen, wie die Form der Topspieler. Die Fans würden sich zumindest nicht beschweren, wenn die Achterbahn einstweilen weiterfährt. Als Nächstes ginge es nämlich wieder nach oben.