Er ist wohl die größte Revolution im Fußball des laufenden Jahrzehnts: Der Videobeweis. Als er im Sommer für Deutschlands Eliteklasse testweise eingeführt wurde, gab es wenig Anlass zur Sorge. Zu sehr waren die deutsche Schiedsrichter ins Kreuzfeuer aus Medien- und Vereinsschelte geraten, nachdem in den vergangenen Jahren teils peinliche Fehlentscheidungen getroffen wurden. Mit der Möglichkeit strittige Situationen erneut durch einen Video-Assistenzschiri beurteilen lassen zu können, wollte der DFB den Gegenwind auf seine Schiedsrichter eindämmen. Ein Trugschluss, der schon nach acht Spieltagen für reichlich Frust unter den Bundesligisten sorgt.

Von Niklas Saess

Die Mitteilung des Spielausschusses des DFB, den Videobeweis nun auch ab dem Viertelfinale des laufenden Pokal-Wettbewerbs einsetzen zu wollen, dürfte dementsprechend nicht nur für Freude im Lager der Proficlubs geführt haben. Und der Zeitpunkt dieser Mitteilung offenbart einmal mehr das fehlende Fingerspitzengefühl innerhalb Deutschlands wichtigstem Organisationsgremium für Fußball.

Der Videobeweis und Köln: Keine Liebesbeziehung

Gerade in Köln werden sie aufgrund der jüngsten Geschehnisse und Eindrücke an Satire glauben. Gleich dreimal wurde der Videobeweis schon gegen die Geißböcke eingesetzt – und in allen Fällen gab es noch Tage danach hochemotionale Diskussionen. In Dortmund kassierte der FC ein irreguläres Tor, gegen die Eintracht wurde Frankfurt ein ungerechtfertigter Elfmeter zugesprochen. Und zuletzt gegen den VfB Stuttgart bekam der FC in der Nachspielzeit einen Elfmeter aberkannt.

Das Einsatzgebiet einer noch nicht ausgereiften Technik nun weiter auszudehnen, ist somit schlicht blödsinnig. Zunächst sollten die fehlenden Regel-Puzzlestücke zusammengesetzt werden, um den Videobeweis in der jetzigen Verfassung zu optimieren – und eine Kernfrage zu klären: Was gilt als klarer Regelverstoß, bei dem ein Eingreifen des Video-Assistenten unumgänglich ist? In der jetzigen Form sorgt der Videobeweis für mehr Fragen als Antworten. Und die Diskussionen, denen er eigentlich vorbeugen sollte, werden nun auf neuer Ebene noch heftiger entfacht.